Manche Wahrheiten sind so simpel, dass man nicht draufkommt. Sobald man die Lösung kennt, fragt man sich, wieso man das nicht schon viel früher verstanden hat. Immerhin ist das Prinzip so einfach, dass man es in der Sendung mit der Maus in wenigen Sekunden erklärt hätte. Torööö.
Ich hab aber gar keine Fernsehsendung gebraucht, um das, was mir seit Wochen im Kopf herumgeisterte, in klare Sprache zu gießen. Sondern nur meine Hauptstadt-Mädchen-Partnerin Anne. Mit ihr saß ich vor einiger Zeit in der Dawanda Snuggery zusammen und wir tauschten uns aus über unsere Selbstständigkeit, die Bloggerei, die Versuche, aus alldem irgendwie einen Beruf zu kreieren. Oder etwas, das uns zufrieden macht. Im Idealfall beides.
Und ich stotterte ungefähr 5 Minuten lang irgendwelche Wortsoße heraus, in meinem Versuch, ihr zu erklären, weshalb ich nicht sicher bin, ob ich mit einem Thema wie Interior Design langfristig zufrieden und erfüllt sein kann und ob ich nicht lieber mehr Zeit in meinen zweiten Blog thirtyplus stecken sollte. Anne aber nahm einen Schluck Tee, schaute mich an und sagte: Na, das ist eben der Unterschied, ob du Entertainer sein willst oder Information vermitteln möchtest?
Boing. Also diese Frage hatte ich mir peinlicher Weise noch nie wirklich gestellt. Klingt komisch, ist aber so. Natürlich weiß ich, dass es Tageszeitungen gibt und Lifestyle-Magazine. Aber irgendwie hatte ich das nie auf mein eigenes digitales Leben übertragen. Und mir fiel’s wie Schuppen von den Augen: Natürlich ist es ein grundlegender Unterschied, ob ich mit meinem Blog unterhalten möchte, eine hübsche, kleine Wohlfühl-Insel im Netz sein will – oder ob ich aufklären will, Informationen weitergeben.
Huch! DESHALB gefallen mir Formate wie die Edition F oder das Kokon Magazin so gut. Weil es hier weniger um Entertainment geht, sondern mehr um die Vermittlung von Ideen, Einsichten, Gedanken-Anstößen. Denn Hand aufs Herz: Liebe Leute, ich glaube, ich bin keine geborene Entertainerin! Gute Unterhaltung, das beinhaltet eben kurze, fluffige, mundgerechte Häppchen. Und das fällt mir nicht immer leicht. Logo, mein Ego findet das schwer großartig, wenn die Menschen mögen, was ich auf meinem Blog zeige. Es fühlt sich gestreichelt von Kommentaren, kuschelt sich gemütlich ein in Lob und Bewunderung. Aber ich arbeite auch hart dafür – was für einen Druck ich da manchmal spüre! Wenn ich daheim shoote und nicht aufhören kann, aus Angst, den perfekten Winkel zu verpassen, das perfekte Licht! Und dann das Sichten von hunderten Fotos, die ich im Laufe des letzten Jahres geschossen habe! Immer mit der Erwartung, etwas zu produzieren, das gut ankommt, das gefällt, das auf Instagram funktioniert, das in den Wohncommunities viele Likes bekommt.
Auf Thirtyplus kenn ich diesen Stress nicht, weil hier das geschriebene Wort die Macht hat.
Wenn ich für thirtyplus schreibe, dann schreibe ich, um zu geben. Weil es mir ein tiefes inneres Bedürfnis ist, Frauen zu bestärken. Dinge wie Statistik zählen hier nicht – auch, weil mit diesem Blog kein Geld zu machen ist, für Firmen ist er nicht interessant. Hier gibt es nur wenige Produkte, die ich bewerben könnte – Menstruationstassen vielleicht. Oder Weiterbildungs-Seminare. Aber Tatsache ist: Es ist mir egal. Mir geht es nur darum, jemandem etwas fürs Herz mitzugeben. Nennt es altruistisch, aber genau das ist meine thirtyplus-Grundhaltung.
Schreibe ich auf hello mrs eve, schreibe ich oft (nicht immer), um zu bekommen. Kommentare, Likes, Aufmerksamkeit, Bestätigung. Kooperationspartner. Hier geht’s – neben all der tollen Kontakte und Freundschaften, die mir mein Blog beschert hat und die ich um nichts in der Welt wieder hergeben würde – um’s Business. Mit hello mrs eve teile ich schöne Fotos über Instagram. Das Medium für thirtyplus ist Facebook, zukünftig auch twitter – mit Instagram kann ich in diesem Bereich nicht viel anfangen, denn schöne Fotos, die in Sekundenschnelle über den Bildschirm gewischt werden, reichen kaum aus, um Inhalt zu vermitteln.
Und mit Worten habe ich eine andere Beziehung, eine sehr sehr alte. Bitte versteht mich nicht falsch, ich liebe es auch, schöne Bilder zu machen, “ der Mensch ist ein Augentier“, wie mein Grafiker-Prof zu sagen pflegte, aber letzten Endes… Letzten Endes möchte ich nicht mit Ästhetik und Geschmack überzeugen. Ich möchte Bilder IN den Köpfen der Menschen erschaffen, nicht davor. Sie verändern, sie berühren – mit Worten. Das ist ein Fahrwasser, in dem ich mich wohlfühle. Wenn ich einen Artikel auf thirtyplus geschrieben habe, dann fühle ich mich glücklich. Weil es mir ein INNERES Bedürfnis ist, das zu sagen, was ich da sage. Und da geht es mir sogar oft so, dass es mir egal ist, wenn ich wegen meiner Meinung mal einen Follower verliere. Weil ich bedingungslos dazu stehe, was ich schreibe. Und wenn es nur ein einziger Mensch ist, den ich erreiche. Es ist mir einfach eine Wohltat.
Interior Blogging, das ist doch auch immer ein bißchen „haste was, biste was“. Selbst das einfachste DIY kostet irgendwie Geld. Es geht auch immer um die Illusion eines besonders fotogenen Lebens. Ich bemerke das, wenn ich neidisch in den Wohnmagazinen blättere oder auf Instagram das neue Altbau-Dielenboden-Flügeltüren-Paradies von Bloggerin XYZ sehe. It’s stressing me out!
Meine Lösung? Ich werde ein bißchen weniger entertainen und ein bißchen mehr informieren. Und verschiebe deshalb das Gleichgewicht von Arbeitszeit von hello mrs eve etwas mehr hin zu thirtyplus. Denn dort warten so viele schöne Ideen, Kategorien und Artikel auf mich, die in meinem Kopf schon lange fertig sind. Keine Sorge, ich höre damit nicht vollkommen auf, hier zu bloggen. Denn wie es immer so ist: Das Leben braucht eine gute Mischung. Zeit wird’s, dass meine Blog-Balance auch der meines Herzens entspricht
Wie ist es bei dir? Warum bloggst du? Steckt in dir ein Entertainer oder bloggst du, um der Welt Informationen zu vermitteln? Was macht dir Spaß, was stresst dich? Ist dein Blog dein Baby oder dein Business? Oder ein bißchen von beidem? Ich freu mich auf eure Erfahrungs-Berichte!
Diesen Blogpost habe ich mit Fotos bebildert, die die üblichen Klischees von Instagram & Co bedienen: Soft, hell und clean. Und auch noch rosa! Ich verwende sie als Stilmittel, um einen bildlichen Kontrast zu meiner Kernaussage zu setzen: Denn die zieht ja gerade den Inhalt der Form vor. So – das war jetzt aber mal ein sehr künstlerischer Ansatz heute
Der Beitrag Welcher Blog-Typ bist du? Entertainer oder Informant? erschien zuerst auf hello mrs eve - poetry & furniture.